Die späte Rehabilitation des Flaschenkindes

milchnahrung als alternative zum stillen

Stillen ist das Beste fürs Baby. Ein unumstößlicher Fakt.

Ich möchte ihn auch keinesfalls in Frage stellen, dafür ist mir das Thema zu heikel! Aus Foren und Sozialen Medien sind mir die Diskussionen unter Müttern bekannt. Also bloß nicht ins Fettnäpfchen treten…!

Ich selbst habe meine Kinder gestillt, zumindest die ersten 4-6 Monate. Allerdings war ich nach der Geburt meines ersten Kindes doch sehr erschrocken, wie rigoros ich im Krankenhaus dazu gedrängt wurde, meinem Baby die Brust zu geben. Milchnahrung als Alternative zum Stillen ist verpönt. Zu recht?

Kurze Vorgeschichte: Ich bin kein Stillkind

Ich selbst habe keinen einzigen Tropfen Muttermilch konsumiert, sondern von Anfang an (künstliche) Milchnahrung erhalten. Offenbar war das damals in der DDR gerade populär. Auch meine Geschwister wurden nicht gestillt. Wir sind weder übergewichtig, noch chronisch krank, haben keinerlei Allergien. Ja, uns geht’s gut.

Deshalb stand es für mich auch überhaupt nicht zur Debatte, ob ich mein Kind stille oder nicht. Mit dem Stillen hatte ich mich nie zuvor auseinandergesetzt. Ich wollte dem Baby gleich die Flasche geben. Doch – oh weh- im Krankenhaus wurde ich eines Besseren belehrt: Flaschennahrung? -Um Gottes Willen!!!

Wer nicht stillt, bekommt ein schlechtes Gewissen

Da wurde mir das Baby erstmal feste an die Brust gepresst. Als das nicht so recht klappen wollte, wurde ich an die Milchpumpe gesetzt. Scheiße, ich melke mich selbst. Was bin ich, ein Tier? Mich machte die Situation ziemlich betreten. Aber wer nicht stillte, war eine verantwortungslose, ja asoziale Mutter. So eine richtig fiese Hexe, die ihr eigenes Wohl über das Wohl ihres Kindes stellt. Das wollte ich natürlich nicht sein. Also fügte ich mich dem Stilldiktat – und irgendwann funktionierte es dann auch.

Bereut habe ich es nicht. Aber es hat mich nachdenklich gemacht. Schließlich hieß und heißt es von allen Seiten, das Stillen sei das A & O. Wer sein Kind nicht stillt, halte ihm das Allerwichtigste vor usw. Womöglich wäre ich Doktorin der Quantenphysik geworden, hätte meine Mutter mich damals gestillt. Verdammt.

Wir wollen das Beste fürs Baby. Doch was genau ist das Beste überhaupt?

milchnahrung als alternative zum stillenFolglich müsste die künstliche Milchnahrung ja schädlich fürs Neugeborene sein. Jetzt aber mal ehrlich, gibt es denn irgendwelche wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Stillen so viel besser ist als Milchnahrung? Ich meine so viel besser, dass das schlechte Gewissen der nicht-stillenden Mütter wirklich berechtig wäre!

Im Tagesspiegel habe ich dazu einen informativen Artikel gefunden, der die Ergebnisse einer Geschwisterstudie erläutert. Dabei wurden Geschwisterkinder miteinander verglichen, von denen jeweils eines gestillt, das andere aber mit Milchnahrung versorgt wurde.

Überraschend für mich war zunächst die Erkenntnis, dass es kaum vergleichbare Studien zu diesem Thema gibt. Zwar belegen zahlreiche Studien die vielen Vorteile des Stillens. Doch dass Flaschenkinder sich im Vergleich schlechter entwickeln, öfter krank sind oder weniger klug, konnte nicht nachgewiesen werden. Natürlich gilt dies lediglich für die Industriestaaten, in denen der Zugang zu sauberem Wasser selbstverständlich ist und auch keine hygienischen Defizite bestehen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich hier keinen Vergleich anstellen will, welche Ernährung nun besser (oder schlechter) ist. Es liegt auf der Hand, dass das Stillen die Mutter-Kind-Bindung stärkt. Auch dass das Immunsystem des Babys dank der Muttermilch über mehr Abwehrkörper verfügt, ist tatsächlich unumstößlich. Ansonsten scheint es jedoch kaum Unterschiede zu geben.

Beruhigend, nicht? Jetzt kann frau das Thema Stillen vielleicht etwas unvoreingenommener betrachten und dann selbst entscheiden, ob sie stillt oder nicht.

Ohne diese ideologisch gefärbte Diskussion wäre mir der Stress der ersten Wochen mit meinem Sohn jedenfalls erspart geblieben, in denen ich versucht habe, dem Ideal der guten Mutter nachzustreben – und zu stillen.

Dabei ist es doch für Mamas UND Babys 1000 mal schöner, die gemeinsame Zeit so entspannt wie möglich zu verbringen!

LG Anne!!!

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