Warum Malen & Basteln die kindliche Entwicklung fördern
Wozu gibt es die Fächer Kunst und Musik überhaupt in der Schule?, fragte mein Mann kürzlich, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Für ihn stand längst fest, dass die beiden kreativen Unterrichtsfächer völlig überflüssig – da im Job nicht von Belang – sind.
Mit dieser Einstellung ist er nicht allein. Viele betrachten “Kunsterziehung” als nettes Beiwerk im Stundenplan, das ihren Kindern im späteren Leben jedoch nicht von (finanziellem) Nutzen sein wird. Dass Kunst gesellschaftspolitisch kaum eine Rolle spielt, hat auch die Corona-Krise wieder einmal vor Augen geführt: In “Systemrelevant” beklagt das Duo Suchtpotenzial zwar auf humorvolle Art und Weise sein Schicksal, bringt aber gekonnt auf den Punkt, dass Kunst für uns alle wichtig – und durchaus relevant ist.
Was Kinder durch Kunst lernen
Und nicht nur das: Gerade für die kindliche Entwicklung spielt das Kreativsein eine herausragende Rolle. Kunst ist dabei genauso wichtig wie Sprache – oder wie das Atmen! Sie ist ein grundlegender Bestandteil dessen, was uns zu einzigartigen Menschen macht.
1. Sich ohne Worte ausdrücken
Dass Kunst eine Form der nonverbalen Kommunikation darstellt, ist unbestritten. Dies kommt insbesondere Kindern zugute, deren Wortschatz noch nicht voll ausgebildet ist. Mit Hilfe von Stiften und Pinseln können sie ihren Gefühlen trotzdem Ausdruck verleihen.
Doch auch wenn Kinder nicht selbst künstlerisch tätig sind, kann Kunst in Form von Bildern ihnen neue Sinneseindrücke verschaffen, ihre Fantasie anregen und Neugier wecken. Kunst erschließt neue Welten.
2. Kreativ werden
Wir Erwachsenen neigen dazu, erst das fertige (Kunst-)Werk in Augenschein zu nehmen und zu interpretieren. Für Kinder (und Künstler) kann jedoch bereits der Prozess des Schaffens eine Form des persönlichen Ausdrucks sein.
Kunst entwickelt zudem die Kreativität eines Kindes. Anstatt gesagt zu bekommen, was zu tun ist, kommen die Antworten und Anweisungen vom Kind selbst. Kunst ist eine Erfahrung, die freies Denken, Experimentieren und Analysieren erfordert – alles Teil der Kreativität.
3. Feinmotorik schulen
Durch das Schneiden und Kleben von Papier, Malen mit den Fingern und Ausmalen von Malen nach Zahlen Bildern schulen Kinder ihre feinmotorischen Fertigkeiten. Von Mal zu Mal stellen sie sich dabei geschickter an – und gehen koordinierter vor.
Das Auffädeln von Perlen und das Modellieren von Ton hingegen verbessert die visuell-räumlichen Fähigkeiten. Dies wirkt sich übrigens positiv auf die schulischen Leistungen aus, wie Studien gezeigt haben. Somit profitieren Kinder auch in anderen Fächern wie Lesen, Schreiben und Mathematik. Kinder, die sich regelmäßig künstlerisch betätigen, haben i.d.R. auch gute Schulnoten.
4. Probleme selbst lösen
Wenn Kinder malen oder basteln, gehen sie so ähnlich vor wie Wissenschaftler. Letztere stellen Experimente an, um ihren Wissensschatz zu erweitern. Auch Kinder werden bisweilen zu Forschern, denn schließlich stellen sich auch ihnen Probleme in den Weg, die gelöst werden müssen: Soll ich ein kürzeres Stück Garn verwenden, damit mein Mobile gerade hängt? Der Docht meiner selbstgemachten Kerze hält nicht – woran kann ich ihn befestigen? Wie habe ich die Farbe Braun gemischt? Komisch, jetzt ist Orange entstanden…
Anstatt bestimmte Regeln oder Anweisungen zu befolgen, beschäftigt sich das Gehirn des Kindes mit der Entdeckung des „Wie“ und „Warum“. Selbst wenn Kinder experimentieren oder lernen, wie man effektiv mit Kunstmaterialien umgeht, lösen sie Herausforderungen und finden neue Wege, um mit unerwarteten Ergebnissen umzugehen.
Darüber hinaus wird Schülern im Kunstunterricht beigebracht, visuelle Informationen zu interpretieren und zu kritisieren sowie auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen. Kenntnisse über die visuellen Künste, wie z. B. die Farbsymbolik, sind Kindern dabei behilflich, sich in einer Welt voller Marketing-Logos zurechtzufinden und sich nicht manipulieren zu lassen.
5. Das Selbstvertrauen stärken
Dürfen (kleine) Kinder selbst entscheiden, was sie basteln und welchen Materialien sie dafür verwenden, ist dies eine gute Gelegenheit, ihre Autonomie auszuprobieren. Indem sie selbst entscheiden, wie sie ihre Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringen, stärken sie ihr Selbstvertrauen und lernen, ihre Gefühle besser auszudrücken.
6. Sozialkompetenz fördern
Kunst kann die Verständigung und Bindung zwischen Kindern fördern, auch wenn sie sich nicht kennen oder nicht viele gemeinsame Interessen haben. Das Kreativsein in kleinen Gruppen fördert das kooperative Verhalten der Kinder und gibt ihnen Gelegenheit, wichtige soziale Fähigkeiten wie Teilen, Abwechseln und Team-Work zu üben.
Kunst macht Kindern nicht nur Spaß, sondern kann auch ein wichtiges Entwicklungsinstrument sein! Statt herablassend über den schulischen Kunstunterricht zu sprechen, sollten Eltern ihren Nachwuchs lieber ermutigen, sich mit seiner künstlerischen Seite zu beschäftigen. Und sei es vorerst nur ein Malbuch, das das Kind zur Hand nimmt, oder ein malen nach zahlen löwe, der kaum Kreativität verlangt, aber immerhin die Motorik schult. Hauptsache der Anfang ist gemacht.
LG Anne!!!