Mieten oder Kaufen: Was lohnt sich für wen?
Die Frage nach der eigenen Immobilie beschäftigt viele Menschen in Deutschland. Schließlich steigen die Mieten schon seit Jahren – und es scheint keine Besserung in Sicht. Die Entscheidung zwischen Mieten und Kaufen ist dennoch eine der kompliziertesten im Leben und will gut überlegt sein, denn auch der Immobilienkauf lohnt sich nicht immer. Insofern haben beide Optionen ihre Vor- und Nachteile, die es abzuwägen gilt.
Die Vorteile des Mietens
Flexibilität: Zur Miete zu wohnen, galt lange Zeit als die flexibelste Wohnlösung. Schließlich kann man bei Bedarf schnell ausziehen. Ob man genauso schnell eine neue Wohnung findet, ist heutzutage in Ballungszentren jedoch fraglich. Theoretisch ist man als Mieter nicht an einen Ort gebunden und kann so neuen beruflichen Herausforderungen oder persönlichen Veränderungen besser nachkommen. Da allerdings auch Mieter zu den Gewohnheitstieren zählen und ihren einmal liebgewonnenen Kiez ungern verlassen wollen, zählt das Argument der Flexibilität vermutlich nur für junge, dynamische Berufseinsteiger ohne Kinder.
Geringere Kapitalbindung: Mieter müssen – von der Mietkaution abgesehen – kaum Eigenkapital aufbringen und sind somit finanziell flexibler. Das Geld kann stattdessen für andere Investitionen oder Konsumausgaben verwendet werden.
Weniger Verantwortung: Die meisten Mieter müssen sich nicht um Reparaturen und die Instandhaltung der Wohnung kümmern. Der Vermieter ist dafür verantwortlich, dass die Wohnung oder das angemietete Haus in einem bewohnbaren Zustand ist. Dafür haben Mieter i.d.R. einen Ansprechpartner, an den sie sich bei Problemen wenden können.
In Mehrfamilienhäusern gibt es weiterhin oft Gemeinschaftseinrichtungen wie einen Garten, Wäscheraum oder einen Spielplatz. Zudem organisieren Wohnungsbaugesellschaften i.d.R. jährliche Feste und andere Veranstaltungen. Daher fällt es Zugezogenen leichter, ihre Nachbarn kennenzulernen und Anschluss zu finden.
Die Nachteile des Mietens
Keine Vermögensbildung: Mieter zahlen ihr Geld an den Vermieter und bauen kein eigenes Vermögen auf. Die Miete ist ein laufender Kostenfaktor, der nicht zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt wird oder eingestellt werden kann.
Steigende Mieten: Mieten können in Ballungsgebieten stark steigen und die Mieter belasten. Dies kann zu einer Verknappung des verfügbaren Einkommens führen und die finanzielle Situation der Mieter verschlechtern. Besonders perfide sind diesbezüglich die sogenannten Indexmieten, welche an die Verbraucherpreise gekoppelt sind. Mit der Inflation steigt also auch die Miete, und zwar jährlich. Immerhin darf sich die Miete nicht nur erhöhen, sondern muss auch sinken, wenn sich der Index entsprechend entwickelt.
Abhängigkeit vom Vermieter: Mieter sind vom Vermieter abhängig und haben weniger Einfluss auf die Gestaltung ihrer Wohnung. Der Vermieter kann außerdem die Miete erhöhen oder den Mietvertrag kündigen.
Befristete Mietverträge: Mietverträge können befristet sein, was zu Unsicherheit führen kann. Mieter müssen nach Ablauf des Mietvertrags eine neue Wohnung suchen, was mit Kosten und Aufwand verbunden ist sowie mit der Frage, ob man überhaupt Wohnraum findet.
Wer flexibel bleiben möchte (oder muss), lieber in der Stadt als auf dem Land lebt oder sich die Finanzierung einer Eigentumswohnung nicht leisten kann, für den ist ein Mietverhältis die passende Wohnlösung. Denn trotz gesunkener Immobilienpreise und steigender Mieten rechnet sich laut einer Studie das Kaufen von Wohneigentum für einen durchschnittlichen Haushalt derzeit nicht. Kommen wir dennoch zu den Vor- und Nachteilen des Kaufens:
Die Vorteile des Kaufens:
Vermögensbildung: Wenngleich es viele Jahre dauert, Käufer bauen mit jeder Tilgungsrate ein eigenes Vermögen auf. Die Immobilie ist eine Sachwertanlage, die in der Regel Wertsteigerungspotenzial hat, was man anhand der zurückliegenden Entwicklung auf dem hiesigen Immobilienmarkt gut nachvollziehen kann: Die Preise für Häuser und Wohnungen in Großstädten sind durch die Decke gegangen!
Stabile Kosten: Die Finanzierungskosten sind über die Zinsbindungsdauer fest und kalkulierbar. Bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist brauchen sich Käufer keine Sorgen über steigende Raten zu machen.
Eigenverantwortung: Käufer können ihren Wohnraum nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten. Sie sind nicht an die Vorgaben eines Vermieters gebunden, die meistens vorsehen, den Originalzustand der Mietwohnung widerherzustellen.
Keine Abhängigkeit vom Vermieter: Käufer sind unabhängig vom Vermieter und müssen nicht mit einer Kündigung aus heiterem Himmel oder Mietpreissteigerungen rechnen. (Allerdings besteht natürlich eine Abhängigkeit von der kreditgebenden Bank. Diese kann den Kredit zum Beispiel kündigen, wenn es zu Zahlungsausfällen kommt.)
Die Nachteile des Kaufens
Hohe Kapitalbindung: Käufer müssen oft ihr gesamtes Erspartes als Eigenkapital aufbringen und sich auf eine langfristige Finanzierung einlassen. Dies schränkt natürlich ein: Weitere Investitionen können i.d.R. nicht getätigt werden.
Hohe Nebenkosten: Käufer müssen Grundsteuer, Grunderwerbssteuer und Instandhaltungskosten tragen. Je nach Zustand der Immobilie können diese Kosten die monatliche Belastung deutlich erhöhen.
Risiko von Wertverlusten: Der Wert der Immobilie kann schwanken und Käufer können auch Verluste machen. Dies ist vor allem in Krisenzeiten möglich oder wenn überteuerte Immobilien erworben wurden.
Rechenbeispiel: Mieten vs. Kaufen
Annahmen:
Mietwohnung: 80qm, 1.000€ Kaltmiete, 200€ Nebenkosten
Haus: 120qm, 400.000€ Kaufpreis, 100.000€ Eigenkapital, d.h. 300.000€ Finanzierung
- Zinssatz: 4%
- Tilgung: 2%
- Finanzierungsdauer: 25 Jahre
- monatliche Nebenkosten fürs Haus (Energie, Heizung, Wasser): 450€
Mieten:
- Monatliche Kosten: 1.200€
- Jährliche Kosten: 14.400€
- Kosten nach 25 Jahren: 360.000€
Kaufen:
- Monatliche Kosten:
- Tilgung: 600€
- Zinsen: 1.000€
- Nebenkosten: 450€
- Gesamtkosten: 2.050€
- Jährliche Kosten: 24.600€
- Kosten nach 25 Jahren:
- Finanzierung: 240.000€
- Nebenkosten: 135.000€
- Gesamtkosten: 375.000€
Ergebnis:
- Mieten:
- Geringere monatliche finanzielle Belastung
- Keine Kapitalbindung
- Weniger Verantwortung
- höhere Flexibilität
- Keine Vermögensbildung
- Kaufen:
- Höhere monatliche Kosten
- Hohe Kapitalbindung
- Hohe Verantwortung
- geringere Flexibilität
- Vermögensbildung
Fazit
In diesem Beispiel sind die monatlichen Kosten beim Mieten zunächst geringer. Nach 25 Jahren hat der Mieter etwa 360.000€ an den Vermieter gezahlt, während der Käufer Kosten in Höhe von 375.000€ für Zinsen und Nebenkosten aufwenden musste. Natürlich ist dieses Rechenbeispiel stark vereinfacht und berücksichtigt nicht die sehr wahrscheinlich steigende Miete über den Zeitraum von 25 Jahren. Auch die Instandhaltungskosten für das Haus sind in dieser Rechnung nicht aufgelistet.
Es fällt jedoch auf, dass der Mieter in dem o.g. Beispiel jährlich etwa 10.000 Euro gegenüber dem Immobilienbesitzer spart. Geht man davon aus, dass der Mieter dieses Geld zurücklegen und sparen kann, ergibt sich daraus nach 25 Jahren eine Summe von 250.000€ (ohne Zinsen). Das ist ein stattliches Vermögen für eine Form des Wohnens, die als „nicht vermögensbildend“ gilt.
Die Rechnung würde ein anderes Ergebnis aufweisen, wenn man von einem geringeren Immobilienpreis ausgeht (oder mehr Eigenkapital aufwenden kann). Sinken die Kosten fürs Haus oder die Eigentumswohnung, kommt die Immobilie als Form der Vermögensbildung wieder eher in Betracht.
Was ist die richtige Entscheidung?
Leider gibt es keine allgemeingültige Antwort, die für alle Menschen gilt, denn die Entscheidung zwischen Mieten und Kaufen hängt von der individuellen Situation ab. Wichtige Faktoren sind die Lebenssituation, die finanziellen Möglichkeiten und die persönlichen Präferenzen. Darüber hinaus machen die Wohnungsnot in Ballungsgebieten und die steigenden Immobilienpreise es für viele Menschen immer schwieriger, Wohneigentum zu erwerben.
Faustregeln: Mieten oder Kaufen?
- Wer jung und flexibel ist, sollte lieber mieten.
- Wer eine Familie gründen oder sesshaft werden möchte, sollte über den Kauf nachdenken.
- Wer ein hohes Einkommen und ausreichend Eigenkapital hat, kann sich den Kauf einer Immobilie leisten.
- Wer sich die Finanzierung nicht leisten kann, sollte lieber mieten.