Die etwas andere Schrottimmobilie…

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Sogenannte Earthships sind autarke Häuser aus Wohlstandsmüll

Mehr als 140 Millionen Tonnen auf einer Fläche, die so groß ist wie Mitteleuropa – Das entspricht der geschätzten Menge an Plastikmüll, die derzeit in unseren Ozeanen treibt. Und es wird täglich mehr. Sogenannte Earthships machen aus dieser Not eine Tugend. Dabei handelt es sich um vollautarke Ökohäuser. Hauptsächliche Bausubstanz: Wohlstandsmüll.

Anfangs wurde er für seine Vision mehrheitlich belächelt. Es ist in 1970er Jahren in der Wüste New Mexicos. Zu dieser Zeit setzt der amerikanische Architekt Michael Reynolds sein erstes Earthship in den Wüstensand. Das Besondere: Das autarke Ökohaus besteht zum Großteil aus Zivilisationsabfällen. Als Grundlage für die Wände beispielsweise dienen alte Autoreifen, die mit Sand aufgefüllt und anschließend mit Lehm verputzt werden. Damals glauben nur die wenigsten daran, dass sich Earthships als Immobilienform durchsetzen.

Heute, rund 40 Jahr später, ist das erste Earthship in Deutschland angekommen. In der baden-württembergischen Kleinstadt Schloss Tempelhof wurde 2016 das erste „Erdschiff“ auf deutschem Boden fertiggestellt. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt eines dort ansässigen Ökodorfes. Weltweit gibt es derzeit über 1.000 Häuser nach dem Vorbild Michael Reynolds.

Upcycling als Baukonzept

Das Prinzip des Upcyclings bezeichnet die Wiederverwertung von Materialien. Dabei kommt es zu einer stofflichen Aufwertung. Das heißt in ihrer neuen Funktion kommt den wiederverwerteten Materialien ein höherer Nutzwert zu, als es bei ihrer ursprünglichen Verwendung der Fall war. Earthships nutzen das Konzept des Upcyclings, indem sie Wohlstandmüll zu Baumaterial aufwerten.

Earthship in Taos, New Mexico, Foto von Amzi Smith, Wikimedia Commons

So bestehen die Nord-, Ost- und Westfassaden aus alten Autoreifen. Diese werden aufgeschichtet und mit Erde gefüllt. Damit dienen sie gleichzeitig als tragendes Bauelement sowie als thermaler Speicher. Rohre in der Erdwand versorgen das Hausinnere mit Frischluft. Die in der Erde gespeicherte thermische Energie erwärmt die Rohre und ersetzt dadurch eine konventionelle Heizungsanlage. Hinzu kommt die vollständig verglaste Südfassade des Hauses. Diese dient ebenfalls zur solaren Wärmegewinnung. Und die kann sich sehen lassen. Selbst bei Minustemperaturen sinkt die Innentemperatur selten unter 23 Grad.

Earthships ermöglichen ihren Bewohnern ein vollkommen autarkes Leben. Für die Stromgewinnung sorgen Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Bei den meisten Recyclinghäusern handelt es sich bei der Photovoltaikanlage um eines der wenigen Bauelemente, die nicht organisch sind oder aus recycelten Abfallmaterial bestehen. Sonst dominieren Naturbaustoffe: Erde, Lehm, Holz, Natursteine.

Ein Blumenbeet als Kläranlage

Zentrales Element im Inneren eines jeden Earthships bildet ein Pflanzenbeet. Letzteres sorgt nicht nur für eine ansprechende Optik, sondern hat, wie so oft bei dieser Hausart, eine ganz funktionale Bedeutung. Die darin enthaltene Geröll- und Sandschicht dient als Filter für das auf dem Dach aufgefangene Regen- und Schmelzwasser. Das so gewonnene Wasser gelangt bis zu viermal in den Versorgungskreislauf.

Dabei gibt es verschiedene Kreisläufe für Trink- und Abwasser. Mit Fäkalien oder Reinigungsmitteln belastetet Wasser aus Bad und Küche gelangt nicht erneut in den Wasserkreislauf. Ungenutzt bleibt es dennoch nicht. Das Abwasser wird zunächst von Exkrementen befreit. Diese landen in einem antiseptischen Erdtank außerhalb des Hauses. Das übrige Wasser können die Bewohner des Recyclinghauses zur Bewässerung des Gartens nutzen.

Die Antwort auf die Fragen unserer Zeit

Als Reynolds sein erstes Earthship in der Wüste New Mexicos fertigstellt, findet es zunächst wenig Beachtung. Medien stellen ihn oft als etwas schrulligen Idealisten dar. Zugegeben: Mit seinen langen Haaren und dem Vollbart sticht Reynolds ebenso wie seine Häuser aus der Masse hervor.

Doch er sollte Recht behalten. In den kommenden Jahrzehnten werden der Klimawandel und die zunehmende Umweltverschmutzung eines der großen Themen unserer Zeit. Hier liefern seine vollautarken Recyclinghäuser eine zeitgemäße Antwort. Kein Wunder also, dass seine Erdschiffe heute Abnehmer auf der ganzen Welt finden.

500.000 Dollar – Das ist der Preis, mit dem Eigentümer für ein Standardmodell rechnen müssen. Damit kosten die autarken Ökohäuser nicht mehr als ein vergleichbarer, konventioneller Neubau. Unterschiede gibt es jedoch, was die laufenden Kosten angeht. Während für eine herkömmliche Immobilie monatliche Kosten für Strom, Heizung und Wasser anfallen, unterhält sich ein Earthship selbst.

Unter dem Firmennamen Earthship Biotecture bietet Reynolds seine Dienste als Bauplaner an. Die Planung erfolgt durch ihn selbst oder durch einen von ihm persönlich ausgebildeten Architekten. Eine andere Option besteht darin, an Workshops teilzunehmen oder entsprechende Baupläne zu erwerben. Diese befähigen Eigentümer dazu, ihr Earthship in Eigenregie umzusetzen.

Earthships in Deutschland

Dass dies durchaus möglich ist, beweist das erste Earthship in Deutschland. Auch dabei handelt es sich um einen Eigenbau. Entstanden ist dieser als Gemeinschaftsprojekt eines Ökodorfes in Schloss Tempelhof. In der baden-württembergischen Kleinstadt, wurde im Mai 2016 das erste deutsche Earthship fertiggestellt. Es bietet Unterkunft für rund 25 Personen.

Wer hierzulande ein Earthship bauen möchte, sollte sich dennoch nicht allzu große Hoffnungen machen. So deckt das Baurecht diese Form von Häusern nicht ab. Auch das Pilotprojekt in Schloss Tempelhof war nur mit zahlreichen Sondergenehmigungen möglich. Und selbst dann mussten die Erbauer einen Kompromiss eingehen. So haben die Behörden das Bauprojekt lediglich unter der Voraussetzung zugelassen, dass das Gebäude an die örtliche Wasserversorgung angeschlossen wird.


Dieser Artikel stammt aus der Feder von Theresa Bruns. Sie schreibt für den Blog der Webseite Modulheim.de>>
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