Ökologisch bauen: Welche Kletterpflanze fürs Einfamilienhaus?

Kletterpflanzen am haus
Blauregen überm Fenster, Bild von cocoparisienne

In letzter Zeit wird immer wieder über sogenannte Vertikale Gärten berichtet, um insbesondere in Großstädten für mehr Grün zu sorgen. Die an den Hausfassaden aufwendig angebrachten Beete sollen nicht nur den Feinstaub aus der Luft filtern, sondern auch die von der Sonneneinstrahlung erhitzten Fassaden kühlen.

Grüne Wände sind allerdings keine Erfindung der Neuzeit. Tatsächlich werden Fassaden schon seit hunderten Jahren mit Pflanzen geschmückt, sei es in Form von Blumenkästen oder Kletterpflanzen. Letztere sind oftmals so wuchsfreudig, dass fast das gesamte Haus hinter ihnen verschwindet! Das muss allerdings nicht passieren. Schließlich gibt es für jeden Geschmack das passende Fassadengrün.

Hauswand begrünen ohne Schäden: Welche Kletterpflanze ist die richtige?

Kletterpflanzen unterscheiden sich nach Wuchstypen: So gibt es die Selbstklimmer, Spreizklimmer, Schlinger und Ranker. Sowohl Ranker (z.B. Weinreben) als auch Spreizklimmer (z.B. Kletterrosen) benötigen Rankhilfen, um die sie sich herumwickeln bzw. verhakeln können. Sie gehören zu den Kletterpflanzen, die sich am besten kontrollieren lassen. Wer also nur bestimmte Abschnitte der Hausfassade begrünen möchte, greift am besten auf sie zurück.

weinreben als kletterpflanze
Ein weiterer Vorteil von Weinreben: Die Kletterpflanze bringt Früchte hervor! Bild von Milada Vigerova

Die wuchsfreudigen Selbstklimmer bergen auch Nachteile…

Selbstklimmer hingegen brauchen (zumindest in der Aufbauphase) keine externe Unterstützung. Sie verfügen über Haftwurzeln oder -scheiben, mit denen sie sich an der Fassade festhalten. Diese Haftorgane dringen – entgegen der allgemeinen Auffassung – nicht ins Mauerwerk ein. Nährstoffe und Wasser werden ausschließlich über die Bodenwurzeln aufgenommen. Selbstklimmer wachsen vom Licht weg (phototrop), da die lichtabgewandte Seite den lebenssichernden Halt bietet. Nur durch einen regelmäßigen Rückschnitt kann verhindert werden, dass die Kletterpflanze, zu deren bekanntesten Vertretern der Efeu gehört, in Lüftungsschlitze, Fenster u.ä. hineinwächst.

Ist der Putz bzw. das Mauerwerk marode, hinterlassen die Haftorgane der Selbstklimmer Spuren an der Wand. Zu sehen sind diese jedoch erst, wenn die Kletterpflanze zurückgeschnitten oder gänzlich entfernt wird. Sind Mauern und Wandputz jedoch in gutem Zustand, fördert die Begrünung deren Lebensdauer.

Auch Schlinger haben ihre Tücken

hauswand begrünen ohne schäden
Hier windet sich Hopfen an Seilen hoch, Bild von RitaE

Kommen wir nun zu den Schlingpflanzen, auch Lianen genannt, die sich mit ihrem Hauptspross um Seile, Stäbe, Äste usw. winden. Sie sind folglich zwingend auf eine Wuchshilfe angewiesen. Handelt es sich um einjährige Schlinger wie Prunkwinden oder Bohnen, wird die Pflanze nicht übermäßig groß. Zudem muss sie im folgenden Jahr neu ausgesät werden. Auch der Hopfen, ein weiterer Schlinger, bildet sich im Winter komplett zurück, treibt im nächsten Frühjahr allerdings wieder neu aus.

hauswand begrünen ohne schäden
Verholzte Triebe des Blauregens

Besondere Aufmerksamkeit gebührt den sogenannten Starkschlingern, zu denen der Blauregen zählt. Sie sind nicht nur extrem wuchsfreudig, ihre Triebe verholzen zudem und können für beträchtliche Bauschäden sorgen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Bauteile wie Regenrinnen zu stark umschlungen (und zerdrückt) werden.

Rankhilfen schützen die Fassade

Bauschäden durch Kletterpflanzen können nicht nur mittels regelmäßigen Rückschnitts verhindert werden, sondern auch, indem man auf entsprechende Rankhilfen zurückgreift. Mehrjährige Schlinger benötigen zum Beispiel ein massives Seilsystem, das vornehmlich senkrecht an der Fassade angebracht wird.

Um zu verhindern, dass die Haftorgane von Selbstklimmern an den Putz gelangen, eignen sich ebenfalls Seilsysteme. Diese müssen dann aber mit recht großem Abstand zur Mauer angebracht werden, was die Umsetzung teuer macht.

Warum moderne Gebäudehüllen nicht jede Kletterpflanze vertragen

Obwohl Rankgitter aus Metall, insbesondere dem langlebigen Edelstahl, sehr gut mit modernen Häusern harmonieren, bieten sie sich nicht für alle Neubauten an. Gerade wenn die Dämmplatte die Außenschale des Gebäudes bildet und nur mit Putz bedeckt ist (man spricht von „Wärmedämmverbundsystem“), muss man Vorsicht walten lassen. Schließlich soll die Gebäudehülle Wärmeschutz garantieren. Dies wird bei Bauträgern, die ein Mehrfamilienhaus bauen dadurch gewährleistet, dass Wärmebrücken dank eines ausgeklügelten Wandaufbaus keine Chance haben. Da diese Wände nicht massiv sind, können sie eine zusätzliche Last wie sie eine üppig wachsende Kletterpflanze darstellt, oftmals nicht tragen. Auf Selbstklimmer wie Efeu und Wilden Wein sollte daher lieber verzichtet werden.

Selbstverständlich kann eine solche Wand trotzdem angebohrt werden, um eine Rankhilfe daran zu befestigen. Mittlerweile gibt es Lösungen, die Wärmebrücken verhindern, indem sie wetterfest abgedichtet werden. Im Fachhandel wird man diesbezüglich beraten.

Positiver Einfluss der Fassadenbegrünung durch Kletterpflanzen

Kletterrosen, Bild von M W

Kletterpflanzen werden oftmals schlechte Eigenschaften nachgesagt, allen voran stehen sie bei vielen Leuten in Verdacht, die Fassade anzugreifen oder gar zu zerstören. Deshalb sei an dieser Stelle erwähnt, dass Kletterpflanzen bei richtiger Pflege keine Schäden an der Hauswand verursachen, und stattdessen die Vorteile einer Wandbegrünung in Wirklichkeit überwiegen:

  • Schutz der Fassade durch Bildung einer zweiten „grünen Fassade“: Schutz vor UV-Licht (Sonneneinstrahlung wird zum Teil reflektiert), Hagel, Regen
  • Wärmeregulierung: verhindert im Winter zu schnelle Auskühlung, im Sommer hingegen verdunsten die Blätter Wasser und kühlen das Haus somit ab
  • bietet Tieren (Vögel, Insekten) Unterschlupf und Nahrung
  • reduzierte Lärmbelästigung
  • Staub- und Abgasfilterung

Nicht zuletzt haben Kletterpflanzen ein hübsches Erscheinungsbild, allen voran ihre blühenden Vertreter wie Kletterrosen, Clematis oder Geißblatt. Sie werten eine Fassade somit optisch auf – das Haus wird zum Hingucker!


Leider ist dies bei der großen Mehrzahl der Kletterpflanzen nur etwa ein halbes Jahr lang der Fall. Im Winter verlieren sie – wie fast alle Pflanzen hierzulande – ihr Laub. Zurück bleibt nur noch das Geäst und das kann ganz schön trüb aussehen. Abhilfe schaffen länger belaubte Pflanzen mit frühem Blattaustrieb und spätem Blattabwurf (z.B. Kiwi) oder wintergrüne Ranker wie das Immergrüne Geißblatt, das im Gegenzug jedoch keine reiche Blüte aufweist.

Alternativ kann eine Hausfassade auch mit Hilfe von Spalierbäumen begrünt werden. Oder – wie anfangs erwähnt – mit Blumenkästen und Kübelpflanzen. Dabei stellt jedes Grün an der Fassade eine Bereicherung für Haus und Bewohner dar.

LG Anne!!!

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