Anders bauen: Ressourcen sparen dank Recycling

nachhaltig bauen
Foto von Milivoj Kuhar

Mehr als die Hälfte aller Abfälle in Deutschland stammt aus der Bauwirtschaft – etwa durch den Abriss alter Häuser oder den Um- und Neubau von Straßen. Ein Großteil des Abrisses wird zum Beispiel als Straßenunterfütterung verwendet. Für den Bau neuer Gebäude eignet er sich in der Regel nicht, was vor allem daran liegt, dass der für die meisten Häuser verwendete Beton nicht recycelt werden kann.

Der Weg zum ressourcenschonenden Haus

Um ressourcenschonend zu bauen, müssten die beim Hausbau verwendeten Materialien hingegen getrennt und einzeln wiederverwendet werden können. Ein altes Haus könnte so als Rohstofflager für neue Gebäude dienen. Diese Art der Wiederverwertung wird “Urban Mining” genannt und findet in der EU immer größeren Anklang. Schließlich stehen uns nicht unendlich viele Ressourcen in der Natur zur Verfügung. Verarbeitetes Material, das nicht mehr gebraucht wird, findet sich allerdings überall, wo Menschen leben und arbeiten. 

Wenn der Käufer eines alten Hauses über die einzelnen Komponenten des Gebäudes Bescheid weiß (z.B. dank eines Gebäudepasses), kann er besser beurteilen, ob er es mit Schadstoffen zu tun hat bzw. welche Bestandteile des Hauses sich werthaltig trennen lassen und welche speziell entsorgt werden müssen.

Was versteht man unter Nachhaltig bauen?

Um die Einzelteile des alten Hauses überhaupt erst demontieren zu können, ist es notwendig, auf Mörtel, Estrich, Kleber und Ähnliches zu verzichten. Stattdessen sollten die Häuser im Stecksystem errichtet werden. Das heißt, die Bauteile des Hauses werden so konstruiert, dass sie einfach zusammengefügt werden können, ähnlich wie bei einem Lego-Set.

Die Steckverbindungen können verschiedene Formen haben, wie zum Beispiel Zapfen, Nuten oder Rillen. Die Bauteile werden dann so zusammengefügt, dass die Steckverbindungen passgenau ineinandergreifen und miteinander verriegelt werden können. Sobald die Bauteile verriegelt sind, können sie zusammengehalten werden, um das Gewicht und die Belastung des Gebäudes zu tragen.

Das Stecksystem bietet zahlreiche Vorteile beim Bau von Gebäuden, wie zum Beispiel eine schnellere Montage, höhere Präzision und Genauigkeit sowie eine erhöhte Energieeffizienz durch bessere Dämmung. Es wird auch häufig bei der Konstruktion von vorgefertigten Gebäuden wie Modulhäusern oder Containern verwendet, um eine schnelle und effiziente Montage vor Ort zu ermöglichen.

Es gibt verschiedene Arten von Stecksystemen, die sich für den Hausbau eignen. Einige Systeme verwenden Holz- oder Stahlrahmen wie Montanstahl, die einfach zusammengesteckt werden können – zum Beispiel mittels Edelstahl Winkelprofil. Da die Bauteile vorgefertigt sind, ist auch weniger Materialverschnitt zu verzeichnen. Ein Beispiel hierfür ist das Bürogebäude One Angel Square in Manchester, England. Es wurde aus vorgefertigten Betonteilen gebaut, die mit Steckverbindungen verbunden wurden.

Wenn für den Bau eines Hauses also Materialien wie Holz, Metall oder Kunststoff nicht erst irgendwo abgebaut oder erzeugt werden müssen, sondern in alten Häusern zur Wiederverwendung zur Verfügung stehen, spricht man von nachhaltigem Bauen. 

Weitere Möglichkeiten, beim Wohnen Ressourcen zu sparen

Doch nicht nur beim Bau eines Gebäudes lassen sich Ressourcen einsparen. Auch beim Wohnen selbst kann man darauf achten, möglichst wenig auf die Umwelt einzuwirken. Das funktioniert zum Beispiel mittels Raumoptimierung:

Ein ressourcenschonendes Gebäude sollte so konzipiert sein, dass es den Raum optimal nutzt. So kann eine gute Raumplanung dazu beitragen, dass weniger Materialien benötigt werden.

Allerdings ist unser Flächenbedarf seit den 60er Jahren beständig gestiegen – von damals rund 20 Quadratmetern pro Person auf heute ungefähr 47 Quadratmeter. Entsprechend mehr Raum muss beheizt werden. Trotz aller Sparmaßnahmen, etwa durch eine moderne Gebäudedämmung, verbrauchen wir deshalb im Schnitt genauso viel Energie zum Heizen wie damals. 

Langlebige Häuser bauen

Zudem sollte nachhaltig Bauen darauf abzielen, Gebäude zu errichten, die über einen längeren Zeitraum genutzt werden können. Das Vermeiden von kurzlebigen Materialien, die sich schnell abnutzen oder verschleißen, und eine sorgfältige Wartung des Gebäudes tragen dazu bei, den Ressourcenverbrauch langfristig zu reduzieren. Das mag erst einmal zu hohen Investitionskosten führen, auf lange Sicht rechnet es sich jedoch durchaus.


Warum sich die “Architects for Future” eine Partizipation der Gesellschaft wünschen, um eine nachhaltige Bauwende in Gang zu bringen, erklärt ihr Mitglied Stefan Bauer in der Zeitschrift neue energie folgendermaßen:

Die Bauwende hat für uns nicht nur mit nachhaltigen Materialien und grüner Energietechnik zu tun, sondern vielmehr mit einer Nutzungs- und Verhaltensänderung. […] Ich glaube, dass es falsch ist, sich in seinem Eigenheim wie in einer Burg zu verschanzen, Insekten mit kurzem Rasen unglücklich zu machen, Zäune zu bauen. Mit Teilen kommen wir weiter. Außerdem halte ich es für extrem wichtig, dass sich jeder überlegt, was er selbst zum Stopp der Erderwärmung beitragen kann. Es wäre unfair, das alles auf die Politik abzuwälzen. Von daher wünsche ich mir, dass Menschen aktiv auf ihre Vermieter zugehen und eigeninitiativ vorschlagen, eine Mieter-PV-Anlage aufs Dach zu setzen oder das Heizsystem zu wechseln. Und dass man nicht nur auf die kurzfristige Rendite schaut, sondern längerfristig denkt. (Quelle: neue energie Nr. 01 / Januar 2022)

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