Schlag zurück

Eine Kurzgeschichte

In meinem 5. MitmachMittwoch habe ich schon durchblicken lassen, dass ich sehr gern lese, besonders Kurzgeschichten und Romane. Mein Gedanke war, dass ich jede Woche den Anfang einer Kurzgeschichte veröffentlichen würde, wenn ihr es denn wollt… Nun hat sich LiesA, Bloggerin aus Berlin, bereiterklärt, das Eis zu brechen und mir eine ihrer Kurzgeschichten zur Verfügug zu stellen. Bislang hat sie nur für sich selbst geschrieben. Jetzt hat sie auch ein Publikum ;)


Ihre Zunge tat schon wieder weh. Rechts an der Seite. Dort war eine wunde Stelle. Offenbar hatte sie im Schlaf mit den Zähnen geknirscht und ihre Zunge war dazwischengeraten. Nun biss sie unbewusst erneut auf der Wunde herum. Es half nichts, Penny konnte sie einfach nicht in Ruhe lassen. Schließlich konzentrierte sie sich wieder aufs Fahren. Sie musste eine Parklücke finden und das war im Umkreis der Kita kein Leichtes. Waren die Leute, die hier wohnten, alle arbeitslos? Bewegten sie ihre Karren nur am Wochenende? Erst in der Parallelstraße konnte sie ihr Auto abstellen. Sie würde nicht ganz zweihundert Meter laufen müssen. Nun denn, ob sie nun dreißig oder vierzig Minuten zu spät kam, machte jetzt auch keinen Unterschied mehr.

Durch die Terrassentür der Kita konnte sie schon Gisela sehen, besser gesagt Giselas Kopf. Der Termin zum Einzelgespräch mit ihr war gerade verstrichen. Wahrscheinlich dachte Gisela schon mit Erleichterung, dass dieser Kelch an ihr vorbeigehen würde. Ihr erschrockenes Gesicht an der Tür hob Pennys Laune ein wenig. Mit einem breiten Grinsen und einem alles übertönendem Hallo! betrat sie die Kitaräume, durchmaß den Flur mit kurzen schnellen Schritten und präsentierte sich im Gruppenraum der kleinsten Kita-Kinder, der ihrem Büro vorgelagert war. Bine und Karin nickten ihr lächelnd zu, zwei Kinder kamen angerannt und wollten sie umarmen. Penny musste sie auf später vertrösten, freute sich aber über den lieben Willkommensgruß. Sie bat Gisela in ihr Büro und ließ sie dort warten. Schließlich musste sie noch ihre Jacke ablegen und nach der fast einstündigen Fahrt von ihrer Wohnung bis zur Kita auf die Toilette gehen.

Über Gisela hatte es Beschwerden gegeben. Ein paar Mütter schienen sie nicht sonderlich zu mögen. Angeblich schimpfe sie zu oft – und immer mit denselben Kindern, mit Taylor und Dogukan nämlich. Beide unausstehlich. Der eine mit fünf Jahren schon ein Schläger, der andere ein boshafter Mops mit piepsiger Stimme, der gern die allerkleinsten Kinder drangsalierte. An die Gleichaltrigen traute er sich selbstverständlich nicht heran. Oh, dieser unterwürfige Dackelblick, den er sich zu eigen gemacht hatte, und dazu das verlogene „Das war ich nicht. Ich hab nichts gemacht!“ Der kleine Fettsack ekelte sie an und kaum jemand kann sich vorstellen, wie viel Kraft es kostet, diesen Ekel Tag für Tag und über Stunden unterdrücken zu müssen.

Ihre Zukunft war klar: sie hatten keine. Bis dahin mussten sie sich in der Kita mit ihnen herumärgern. Verständlich, dass einem da hin und wieder der Kragen platzte. Doch das hatte sie den Eltern der beiden Jungs natürlich nicht ins Gesicht sagen können. Das Anschnauzen eines Kindes war ein Privileg, das ausschließlich den Eltern oblag. Das wussten selbst diese Proleten. Sie werde das Problem mit Gisela erörtern und eine Lösung finden, hatte sie also versprochen und viel Wärme in ihre Stimme gelegt, damit sie die Bombe nicht aus Versehen vorzeitig hochgehen ließ. Der Gedanke an ihre Idee, wie sie die beiden loswerden könnte, ließ sie ganz kribbelig werden. Sie konnte es gar nicht erwarten, Gisela einzuweihen!
Als Penny ihr Büro betrat, musste sie jedoch mit Schrecken feststellen, dass es leer war. Von Gisela keine Spur. Sie lief in den Gruppenraum, wo die Kinder bereits am Tisch saßen und ungeduldig auf ihr Mittagessen warteten. Gisela legte ihnen gerade die Lätzchen an.
„Ach, da bist du!“, rief Penny lauter als sie vorhatte. Auch konnte sie nicht verhindern, dass Wut ihre Stimme zu einem Krächzen verzerrte. Erschrocken fuhren einige Köpfe zu ihr herum. Kleine Gesichter blickten sie fragend an. Nur Gisela ließ sich nicht stören. Zu vertieft schien sie in ihre Arbeit.
„Brauchst wohl ne Extraeinladung, oder was?“

von LiesA, Bloggerin aus Berlin


Und das war erst der Anfang!

Lest die Fortsetzung dieser Kurzgeschichte auf LiesA’s Blog „Anspruch & Wirklichkeit“ >>

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LG Anne!!!

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