Es ist nicht alles schlecht am Lockdown
Corona-Lockdown im Winter: Gibt es eigentlich was Schlimmeres?
Der Winter selbst hält schon in normalen Jahren wenig Abwechslung bereit. –In schneearmen Regionen jedenfalls. Zwar ist es ungemütlich draußen, trotzdem allerdings nicht kalt genug, um Schlittschuh oder Schlitten fahren zu können. Allenfalls rutschst du in einem Rest Schneematsch aus und landest mit vollem Körpereinsatz im Schlamm.
Doch ohne Corona bildete wenigstens der Sauna-Besuch am Wochenende einen Lichtblick am Ende des Tunnels. Oder der Besuch des Botanischen Gartens, eines Museums oder einer Gemäldegalerie. Und so weiter. All diese Möglichkeiten sind nunmehr passé.
Die positiven Aspekte des Lockdowns
Aber meckern verkürzt den Lockdown ja auch nicht. Im Gegenteil, der Frust steigt ins Unermessliche. Zeit also, den Corona-bedingten Einschränkungen auch mal etwas Positives abzugewinnen. Und dazu gehört das Homeschooling.
- Da in Deutschland eine Beschulungspflicht besteht, der sich theoretisch niemand entziehen darf, wären wir ohne Covid 19 nie in den Genuss des Hausunterrichts gekommen. Zum ersten Mal bekommen Eltern einen Einblick in die längst
vergesseneverdrängte Zeit des Lernens – und erkennen, was genau, die Kinder eigentlich machen müssen – und wie viel Stoff das alles ist! Wann, wenn nicht jetzt, kann man mal so richtig individuell aufs Kind eingehen?
- Bei den YouTube-Sporteinheiten für Kinder verursachen schon die gewöhnlichsten Übungen Schmerzen in meinem Erwachsenenkörper, so dass ich den Eindruck habe, überdurchschnittlich schnell gealtert zu sein. Der Lockdown trägt folglich auch zur Selbsterkenntnis bei.
Dass der klassische Präsenzunterricht zumindest an der Grundschule meiner Tochter weitestgehend ausfällt (also auch nicht per Video-Konferenz durchgeführt wird), nervt jedoch. Die Aufgaben müssen Woche für Woche aus der Schul-Cloud, die offenbar auf Grund von Server-Problemen Ewigkeiten für den Seitenaufbau braucht, geladen und selbstständig bearbeitet werden. Das klappt bei einer Drittklässlerin natürlich nur eingeschränkt.
Wenn ich mir aber vorstelle, dass normale Ferien wären und ich die Kinder Tag für Tag beschäftigen müsste, würde ich in Panik geraten: So viele Kerzen kann ich gar nicht gießen! Und was Gesellschaftsspiele angeht: Mehr als eines am Tag ertrage ich nicht.
- Insofern bin ich eigentlich ganz froh, dass ich die Kinder nun zu Hause unterrichten muss. Der halbe Tag geht mit Schulaufgaben drauf, die ich mir nicht einmal selbst ausdenken muss.
- Außerdem freut es mich, dass die Kinder nicht in kalten Räumen unterrichtet werden. Dank des regelmäßigen Lüftens düfte es im Winter nicht gerade muckelig in der Schule sein. Zudem muss zu Hause keine Maske getragen werden.
- Aufstehen muss der Nachwuchs auch nicht mehr in aller Herrgottsfrühe: Wann es die Schulaufgaben erledigt, kann das Kind selbst entscheiden. Daher ist zumindest in unserer Familie Ausschlafen angesagt.
- Zu guter Letzt spielt natürlich auch das Infektionsrisiko eine Rolle: Zu Hause stecken sich Kinder allenfalls bei ihren Eltern an. Da sowohl mein Mann als auch ich im Homeoffice arbeiten, sind wir auf der sicheren Seite.
Den Lockdown nutzen, um einen Gang runterzuschalten
Die Tage haben Struktur, doch die unterscheidet sich von der gewohnten. Zum Arbeiten komme ich jetzt nur noch nachmittags und am Wochenende. Ich trage mehr Verantwortung für Dinge, die sonst so schön an Institutionen wie Schule und Hort outgesourct worden sind: Essen zum Beispiel. Wir sind ständig am Kochen, was nicht so sehr den Kindern anzulasten ist als vielmehr dem Gatten: Der vermisst seine geliebte Kantine und hat deshalb das Kochen zu seinem Lieblings-Hobby auserkoren: Ich glaube, wir können bal einen Straßenverkauf aufmachen…
Und während die Kids von Lehrerinnen und Erzieherinnen zu jeder Wetterlage rausgescheucht wurden, verkriechen sie sich nun in ihren Zimmern: Ist schließlich soooo kalt draußen, brrr. Um sie dennoch vor die Tür zu bekommen, muss man sie entweder mit Spielzeug oder mit Fernsehen bestechen. Das Familienleben ist ein ewiger Kompromiss – nun, da wir alle 24/7 aufeinanderhocken, wird es uns richtig bewusst.
Oje, jetzt bin ich doch wieder ins Meckern verfallen! Dabei bin ich in meiner Familie tatsächlich die einzige, die über den Bewegungsmangel klagt. Alle anderen sind froh, dass sie eine Ausrede haben, um nichts mehr mit mir unternehmen zu müssen. Die Stubenhocker-Mentalität zahlt sich gerade voll aus. Vielleicht sollte ich mir eine Scheibe davon abschneiden.
Schließlich muss ich zugeben, dass meine vielen Aktivitäten – sei es im Garten, beim Sport oder auf Reisen – mich effektiv davon abgehalten haben, in mich zu gehen und über meine Zukunft nachzudenken. Jetzt habe ich genug Zeit dafür.
LG Anne!!!