Per App zum Kinderarzt

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Über Chancen und Risiken der Telemedizin

Wer kennt das nicht?: Kleinkinder, die jede Krankheit mitnehmen – und Kindergärten, die von Eltern eine Gesundschreibung* verlangen, bevor sie deren Kinder wieder bei sich aufnehmen. Ergo laufen sich (überwiegend) Mütter die Hacken wund, um das Kind erst krank- und danach wieder gesundschreiben zu lassen. Je nach dem, wie gut frequentiert eine Arztpraxis ist, kannst du nicht einmal hoffen, dass du zeitnah einen Termin bekommst. Es sei denn, du nimmst lange Wartezeiten in der mit kranken Kindern überfüllten Praxis in Kauf…

Und nun stell dir vor, all der Stress erübrigt sich, weil du den Termin beim Kinderarzt per App vereinbarst und ebenfalls per App wahrnimmst. In der Video-Sprechstunde stellt der Arzt bzw. die Ärztin eine Diagnose, fertigt ggf. ein Rezept aus und sorgt sogar für eine Krankschreibung deines Kindes als Nachweis für den Arbeitgeber.

Apps machen den digitalen Arztbesuch möglich

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Klingt nach Zukunftsmusik, ist aber heute schon real. Apps wie KRY machen es PatientInnen möglich, mit diversen (Fach-)Ärzten per Videochat zu kommunizieren, sogar mit Kinderärzten.

Telemedizin nennt sich das offiziell und ist in Deutschland seit 2017 im Rahmen des „E-Health-Gesetzes“ erlaubt. Allerdings hat sie bislang ein Schattendasein gefristet, da sie nur auf mangelnde Akzeptanz bei PatientInnen gestoßen ist.

Die Leute konsultieren ihren Arzt/ihre Ärztin eben gern persönlich. Darüber hinaus waren Video-Chat-Programme bis vor Kurzem nur einer vergleichsweise geringen Nutzerzahl bekannt. Mit der Corona-Pandemie hat sich dies geändert. Dank Homeoffice und Homeschooling tritt eine breite Bevölkerungsschicht mit KollegInnen, LehrerInnen und FreundInnen per Videochat in Kontakt. Warum also nicht auch den Doktor einfach anrufen und Krankheitssymptome schildern?

Vorteil: Man ist zeitlich & örtlich flexibel

Die Vorteile liegen auf der Hand: Nicht nur die Fahrt zur Arztpraxis (die gerade auf dem Land, wo es an Ärzten mangelt, sehr weit sein kann) kann man sich sparen, auch das Wartezimmer wird umgangen. Termine für Fachärzte, auf die du oftmals Monate wartest, können sofort wahrgenommen werden.

Hinzu kommt der Umstand, dass es Krankheiten gibt, die aus Schamgründen ungern mit einem Arzt persönlich besprochen werden. Auch hierfür wurde von externen Anbietern wie Zava schon eine Lösung entwickelt: Der Patient füllt erst einmal nur einen Fragebogen aus, in welchem die Krankheitssymptome geschildert werden, bevor er vom Arzt kontaktiert wird. Nach erfolgreicher Diagnose wird online ein Rezept verschrieben, das an eine Online-Apotheke weitergeleitet wird, um das Medikament anschließend zeitnah per Post zu verschicken.

Für das ganze Prozedere muss nicht ein einziges Mal das Haus verlassen werden. Wer akut erkrankt ist, profitiert folglich doppelt und dreifach.

Nachteil: Die Kosten werden (noch) nicht von der GKV übernommen

Das klingt fantastisch! Wo ist der Haken?, wirst du dich wahrscheinlich fragen. Tja, den gibt es tatsächlich. Der Telemedizin-Anbieter KRY arbeitet bislang ausschließlich mit Privaten Krankenversicherungen (PKV) zusammen, an die die Arztrechnung zur Kostenübernahme weitergereicht werden kann.

Gesetzlich Krankenversicherten steht die App natürlich trotzdem zur Verfügung. Sie müssen die Rechnung für die Online-Sprechstunde (und ggf. das verschriebene Medikament) allerdings selbst bezahlen. Zwischen etwa 30 und 45 Euro liegen die Kosten für eine Video-Sprechstunde aktuell bei KRY. Unterschieden wird je nach Wochentag, da die Ärzte auch das ganze Wochenende über zur Verfügung stehen. Andere App-Anbieter können durchaus günstiger sein. Ein Vergleich lohnt sich.

Weitere Stolpersteine auf dem Weg zum digitalen Arztbesuch

Der Online-Chat mit einem Arzt erübrigt sich, wenn du körperlich untersucht werden musst, damit eine Diagnose gestellt werden kann. Um KRY und Co. nutzen zu können, solltest du also eher leicht erkrankt sein, zum Beispiel an einer Erkältung oder Übelkeit leiden, Hautausschlag haben oder dich um deine Sexualgesundheit sorgen (einige Anbieter haben sich auf Tests für Geschlechtskrankheiten spezialisiert).

Dass lediglich eine Ferndiagnose gestellt werden kann, ist einer der Hauptgründe, weshalb die GKV die Kosten für Video-Sprechstunden nicht übernimmt.

Ausnahme: Nur wenn es sich um einen Nachsorgetermin handelt bei einem Arzt, den der Patient wegen des gleichen Leidens bereits aufgesucht hat, sind Video-Sprechstunden Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung.

Der Bedarf an Nachsorgeterminen, die online per Video-Chat durchgeführt werden, scheint jedoch gering. Daher scheuen ÄrztInnen die Investition in die entsprechende Technik – und überlassen damit den Markt Anbietern, die mit ihren Apps auf Selbstzahler setzen.


*Dürfen Kitas eine Gesundschreibung verlangen?
Es gibt keine Rechtsgrundlage, die Eltern dazu verpflichtet, bei der Kindertagesstätte o.ä. eine Gesundschreibung für ihr Kind vorzulegen. Dennoch wird von vielen Kitas und Krippen ein solches Attest verlangt, wenn das Kind krank gewesen ist.

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