Spieltrieb: Warum spielt der Mensch?
Der Siegeszug der digitalen Medien – insbesondere der Computerspiele – wundert überhaupt nicht. Ob Lockdown oder nicht, die kalte Jahreszeit hält uns erfolgreich davon ab, nach draußen zu gehen und dort aktiv zu werden.
Drinnen kann man sich schließlich auch wunderbar beschäftigen – ob man sich dabei den Herausforderungen eines komplexen Brettspiels stellt oder fantastische Welten auf digitaler Ebene ergründet. Dass auch Erwachsene Spaß am Spielen haben, ist nichts Neues: Wer kennt sie nicht, die Männer mit ihrer Modelleisenbahn im Keller (oder eigenem Spielzimmer)? -Stundenlang basteln sie komplexe, bis ins kleinste Detail originalgetreue Welten zusammen.
Wenn dir ein Spiel gefällt, kommst du nicht mehr so schnell davon los. Es entfaltet einen regelrechten Sog, lässt dich die Zeit vergessen… Aber warum spielt der Mensch überhaupt? Verschwendet er damit nicht wertvolle Lebens- oder gar Arbeitszeit?
Sinnvoll: Welchen Nutzen das Spielen für Kinder hat
Spielerisch lernen schon die Kleinsten die Welt kennen. Alles ist neu und spannend – und will begriffen werden. Spielend schlüpfen Kinder auch gerne in andere Rollen, indem sie sich zum Beispiel verkleiden. So verarbeiten sie das, was ihnen im Alltag passiert. Überhaupt nutzen die Kleinen gern das, was ihnen im alltäglichen Leben begegnet. Mit Hilfe ihrer Fantasie hauchen sie nicht nur Puppen, sondern auch ganz gewöhnlichen Alltagsgegenständen Leben ein. Das eigentlich völlig zweckfreie Spiel entfaltet trotzdem einen Lerneffekt: Zufällig erlangen Kinder nebenbei Erkenntnisse über die Welt.
Was das Spielen ausmacht
Im Spiel werden oft fiktionale Rahmenbedingungen hergestellt. Kinder machen das in Rollenspielen schnell, da ist der eine die Mutter, der andere das Kind, oder der eine Superheld, der andere Feind. Man einigt sich gemeinsam auf Regeln neuer Realitätsbedingungen – dieses Spielerische ist das Grundprinzip von Filmen oder anderen erzählerischen Medien, eine fiktive Welt herzustellen, einen Modus des „als ob“.
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Wer hingegen nicht spielt, entwickelt kein Gefühl für sich selbst oder für die Grenzen der anderen. Nur spielerisch lassen sich Gefühle ungehemmt erproben – mit dem Ergebnis, dass der Mensch eine emotionale Intelligenz entwickelt. Wer in seiner Kindheit nicht die Möglichkeit dieses Erprobens hatte, greift später möglicherweise eher auf die gewalttätige Auseinandersetzung zurück.
Zu spielen, gehört folglich zu den wichtigsten Entwicklungsinstrumenten des Menschen. Und das nicht nur im Kindesalter!
Warum hören wir als Erwachsene nicht auf, zu spielen?
Auch wir Erwachsenen messen unsere Fähigkeiten in sportlichen Wettkämpfen oder entspannen uns nach einem langen Tag vor der oben erwähnten Spielekonsole. Der Spieltrieb beherrscht uns bis ins hohe Alter, vermutlich weil es einfach Spaß macht, zu spielen.
Ablenkung vom Alltag, Freude und Entspannung werden außerdem als Gründe für das Spielen genannt. Die digitale Spielebranche boomt seit Langem. Nun steckt sogar Facebook Milliarden in den Aufbau einer virtuellen Welt, in der die Nutzer mit Hilfe von VR-Brillen und Avataren miteinander kommunizieren sollen. Die Zukunft gehört also auch weiterhin dem Spielen.
Trotzdem stoßen spielende Erwachsene häufig auf Skepsis. Deshalb sei an dieser Stelle erwähnt, dass uns das Spielen immer wieder lehrt, nach welchen Regeln unsere Kultur funktioniert. Womöglich gäbe es ohne spielerisches Probieren überhaupt keinen Fortschritt, keine komplexen Bauwerke, kein Theater, keinen Sport,…!
Was wir dem Spieltrieb verdanken
Der Spieltrieb ist in jedem Menschen verankert und das Spielen selbst ist wohl der älteste kulturbildende Faktor. Lange bevor wir sprechen, lesen oder schreiben lernen, lernt der Mensch zu spielen und so seine Umwelt spielerisch zu erfahren.
Dem Spiel kommt demnach eine entscheidende Bedeutung für die menschliche Entwicklung zu. In der Pädagogik haben die zahlreichen Spiele eine hohe psychologische Relevanz. Man denke nur an das spielerische Lernen! Beim sportlichen Spiel geht es um den Wettkampf, das Glücksspiel ruft einen Rausch hervor und Rollenspiele dienen nicht nur in der Schule, sondern auch in der Erwachsenenbildung dazu, Probleme zu lösen und die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu schulen.
Nicht zuletzt kommt auch den virtuellen Spielen des digitalen Zeitalters eine wichtige Bedeutung zu. Unternehmen überlegen heute, wie sie den menschlichen Spieltrieb in Zukunft zur Optimierung von Arbeitsabläufen nutzen können. Damit werden der eigentlich sinnfreien Beschäftigung Rahmen und Ziel vorgegeben.
LG Anne!!!